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NEUER KARDINÄLE

ORDENTLICHES ÖFFENTLICHES KONSISTORIUM ZUR KREIERUNG NEUER KARDINÄLE

EUCHARISTIEFEIER MIT DEN NEUEN KARDINÄLEN
MIT ÜBERGABE DER KARDINALSRINGE

PREDIGT VON BENEDIKT XVI.

Petersdom
Christkönigssonntag, 25. November 2007

Meine Herren Kardinäle,
verehrte Brüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!

In diesem Jahr wird das Hochfest Christkönig, der krönende Abschluß des liturgischen Jahres, durch die Aufnahme von 23 neuen Mitgliedern in das Kardinalskollegium bereichert. Traditionsgemäß habe ich sie heute eingeladen, mit mir die Eucharistie zu konzelebrieren. An jeden von ihnen richte ich meinen herzlichen Gruß und schließe dabei mit brüderlicher Zuneigung alle anwesenden Kardinäle ein. Gern grüße ich des weiteren die Delegationen, die aus verschiedenen Ländern hierhergekommen sind, und das Diplomatische Korps beim Heiligen Stuhl; die zahlreichen Bischöfe und Priester, die Ordensmänner und Ordensfrauen und alle Gläubigen, insbesondere jene, die aus den Diözesen kommen, die der pastoralen Leitung einiger der neuen Kardinäle anvertraut sind.

Das Christkönigsfest bietet unserer Feier einen äußerst bedeutsamen Hintergrund, der sich von den Schriftlesungen herleitet und von ihnen erleuchtet wird. Es ist, als stünden wir vor einem imposanten Fresko mit drei großen Szenen: in der Mitte die Kreuzigung nach dem Bericht des Evangelisten Lukas; auf der einen Seite die Salbung Davids zum König durch die Ältesten Israels, auf der anderen der Christushymnus, mit dem der hl. Paulus den Brief an die Kolosser eröffnet. Das Ganze wird beherrscht von der Gestalt Christi, dem einzigen Herrn, vor dem wir alle Brüder und Schwestern sind. Die ganze Hierarchie der Kirche, jedes Charisma und Amt, alles und jeder einzelne stehen im Dienst seiner Herrschaft.

Wir müssen vom zentralen Ereignis ausgehen: dem Kreuz. Hier offenbart Christus sein einzigartiges Königtum. Auf Golgota stoßen zwei entgegengesetzte Haltungen aufeinander. Einige Menschen zu Füßen des Kreuzes und auch einer der beiden Verbrecher wenden sich voll Verachtung an den Gekreuzigten: Wenn du der Christus bist, der König und Messias – sagen sie –, so rette dich selbst und steige von der Hinrichtungsstätte herab. Jesus hingegen offenbart seine Herrlichkeit, indem er dort am Kreuz als Opferlamm bleibt. Auf seine Seite stellt sich unerwartet der andere Verbrecher, der implizit das Königtum des unschuldigen Gerechten bekennt und fleht: »Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst« (Lk 23,42). Der hl. Cyrill von Alexandrien kommentiert: »Du siehst ihn als Gekreuzigten und rufst ihn als König an. Du glaubst, daß der, der Schmach und Leid erträgt, zur göttlichen Herrlichkeit gelangen wird« (Commentarii in Lucam, Predigt 153). Nach dem Evangelisten Johannes ist die göttliche Herrlichkeit schon gegenwärtig, wenn auch verborgen durch die Entstellung des Kreuzes. Aber auch in der Sprache des Lukas wird die Zukunft in der Gegenwart vorweggenommen, als Jesus dem guten Schächer verheißt: »Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein« (Lk 23,43). Der hl. Ambrosius merkt an: »Dieser bat, daß der Herr seiner gedenke, wenn er in sein Reich kommt, der Herr aber antwortete ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein. Leben heißt bei Christus sein, denn wo Christus ist, da ist das Reich« (Expositio in Lucam, 10,121). Die Anklage: »Das ist der König der Juden«, die auf einer über dem Haupt Jesu festgenagelten Tafel geschrieben stand, wird so zur Verkündigung der Wahrheit. Der hl. Ambrosius merkt weiter an: »Richtigerweise befindet sich die Inschrift über dem Kreuz, denn: Obwohl Jesus, der Herr, am Kreuz hing, erstrahlte er doch von der Höhe des Kreuzes in königlicher Majestät« (ebd., 10,113).

Die Szene der Kreuzigung bildet in den vier Evangelien den Augenblick der Wahrheit, in dem der »Vorhang im Tempel« mitten entzwei reißt und der Heilige der Heiligen in Erscheinung tritt. In Jesus, dem Gekreuzigten, vollzieht sich die höchste Offenbarung Gottes, die in dieser Welt möglich ist, da Gott die Liebe ist, und Jesu Tod am Kreuz der größte Akt der Liebe der ganzen Geschichte ist. Daher ist auf dem Kardinalsring, den ich in Kürze den Mitgliedern des Kardinalskollegiums überreichen werde, die Kreuzigung dargestellt. Dies wird für euch, liebe neue Kardinäle und Brüder, immer eine Einladung sein, euch daran zu erinnern, welchem König ihr dient, auf welchen Thron er erhoben worden ist und wie er bis zum Ende treu war, um die Sünde und den Tod mit der Kraft der göttlichen Barmherzigkeit zu besiegen. Die Mutter Kirche, Braut Christi, schenkt euch dieses Zeichen zum Gedenken an ihren Bräutigam, der sie geliebt und sich für sie hingegeben hat (vgl. Eph 5,25). Wenn ihr also den Kardinalsring tragt, seid ihr ständig dazu aufgerufen, das Leben für die Kirche hinzugeben.

Wenn wir nun den Blick auf die Szene der Salbung Davids zum König richten, die uns in der ersten Lesung vorgestellt wird, beeindruckt uns ein wichtiger Aspekt des Königtums, das heißt seine »korporative« Dimension. Die Ältesten Israels gehen nach Hebron, sie schließen einen Vertrag mit David und erklären, daß sie sich mit ihm vereint fühlen und zusammen mit ihm eins sein wollen. Wenn wir dieses Bild auf Christus beziehen, so scheint es mir, daß sich dieses Bundesversprechen sehr gut dazu eignet, daß ihr, liebe Brüder Kardinäle, es euch zu eigen macht. Auch ihr, die ihr den »Senat« der Kirche bildet, könnt zu Jesus sagen: »Wir sind doch dein Fleisch und Bein« (2 Sam 5,1). Dir gehören wir, und mit dir wollen wir eins sein. Du bist der Hirt des Volkes Gottes, du bist das Haupt der Kirche (vgl. 2 Sam 5,2). In dieser festlichen Eucharistiefeier wollen wir unseren Bund, unsere Freundschaft mit dir erneuern, denn nur in dieser innigen und tiefen Beziehung mit dir, Jesus, unserem König und Herrn, erhalten die Würde, die uns verliehen worden ist, und die Verantwortung, die diese mit sich bringt, Sinn und Wert.

Nun bleibt der dritte Teil des »Triptychons« zu bewundern, vor das uns das Wort Gottes stellt: der Christushymnus aus dem Brief an die Kolosser. Vor allem wollen wir uns das Gefühl der Freude und der Dankbarkeit zu eigen machen, dem er aufgrund der Tatsache entspringt, daß das Reich Christi, das »Los der Heiligen, die im Licht sind«, nicht etwas ist, das nur aus der Ferne gesehen wird, sondern daß es eine Wirklichkeit ist: wir sind berufen, an ihr Anteil zu haben, und durch das Erlösungswerk des Sohnes Gottes sind wir in sie »hineinversetzt« (vgl. Kol 1,12–14). Dieses Gnadenwirken öffnet die Seele des hl. Paulus für die Betrachtung Christi und seines Geheimnisses in seinen beiden hauptsächlichen Dimensionen: die Schöpfung aller Dinge und ihre Versöhnung. In bezug auf den ersten Punkt besteht die Herrschaft Christi darin, daß »alles […] durch ihn und auf ihn hin geschaffen [ist]… und in ihm […] alles Bestand [hat] (Kol, 1,16–17). Die zweite Dimension hat als ihren Mittelpunkt das Ostergeheimnis: durch den Tod des Sohnes am Kreuz hat Gott jedes Geschöpf mit sich versöhnt, er hat Frieden geschaffen zwischen Himmel und Erde; indem er ihn von den Toten auferweckt hat, hat er ihn zum Erstgeborenen der neuen Schöpfung gemacht, »Fülle« aller Wirklichkeit und »Haupt« des mystischen »Leibes«, der die Kirche ist (vgl. Kol 1,18–20). Erneut stehen wir vor dem Kreuz, dem zentralen Ereignis des Geheimnisses Christi. In der Sicht des Paulus ist das Kreuz in die gesamte Heilsökonomie eingefügt, wo sich das Königtum Jesu in seiner ganzen kosmischen Weite entfaltet.

Dieser Text des Apostels drückt eine so mächtige Synthese der Wahrheit und des Glaubens aus, daß wir von ihr nicht unbeeindruckt bleiben können. Die Kirche ist Bewahrerin des Geheimnisses Christi: sie ist es in aller Demut und ohne jeglichen Stolz oder Arroganz, denn es handelt sich um das höchste Geschenk, das sie ohne jedes Verdienst empfangen hat; und sie ist berufen, es umsonst der Menschheit aller Zeiten als Horizont des Sinnes und des Heils anzubieten. Es ist keine Philosophie, keine Gnosis, obwohl es auch die Weisheit und die Erkenntnis einschließt. Es ist das Mysterium Christi, es ist Christus selbst, der Fleisch gewordene, gestorbene und auferstandene »Logos«, eingesetzt als König des Universums. Wie sollte man da nicht ein Gefühl dankerfüllter Begeisterung dafür verspüren, daß man zur Betrachtung der Herrlichkeit dieser Offenbarung zugelassen worden ist? Wie sollte man nicht gleichzeitig die Freude und die Verantwortung spüren, diesem König zu dienen, seine Herrschaft durch Leben und Wort zu bezeugen? Das ist in besonderer Weise unsere Aufgabe, liebe Brüder Kardinäle: der Welt die Wahrheit Christi, Hoffnung für jeden Menschen und für die ganze Menschheitsfamilie, zu verkünden. In der Linie des II. Ökumenischen Vatikanischen Konzils waren meine verehrten Vorgänger, die Diener Gottes Paul VI., Johannes Paul I. und Johannes Paul II., wahre Boten des Königtums Christi in der heutigen Welt. Und es ist für mich ein Grund des Trostes, immer auf euch zählen zu können, sei es in kollegialer Form, sei es als einzelne, damit auch ich diese grundlegende Aufgabe des Petrusamtes erfülle.

In engem Zusammenhang mit dieser Sendung steht ein Aspekt, den ich zum Schluß ansprechen und eurem Gebet anempfehlen will: der Friede zwischen allen Jüngern Christi als Zeichen des Friedens, zu dessen Errichtung Jesus in die Welt gekommen ist. Wir haben im Christushymnus die großartige Nachricht gehört: Gott hat es gefallen, durch das Kreuz Christi das All zu »versöhnen« (vgl. Kol 1,20)! Die Kirche ist also jener Teil der Menschheit, in dem das Königtum Christi schon offenbar ist, das als sein privilegiertes sichtbares Zeichen den Frieden hat. Sie ist das neue Jerusalem, noch unvollkommen, denn sie pilgert in der Geschichte, sie ist jedoch in der Lage, in gewisser Weise das himmlische Jerusalem vorwegzunehmen. Hier können wir uns schließlich auf den Antwortpsalm, den Psalm 122, beziehen: er gehört zu den sogenannten »Aufstiegspsalmen« und ist ein Freudenhymnus der Pilger, die sich, angekommen vor den Toren der heiligen Stadt, mit dem Friedensgruß an sie wenden: Shalom! Nach einer verbreiteten Etymologie wurde Jerusalem interpretiert als »Stadt des Friedens«, jenes Friedens, den der Messias, der Sohn Davids, in der Fülle der Zeiten errichten sollte. In Jerusalem erkennen wir das Bild der Kirche, das Sakrament Christi und seines Reiches.

Liebe Brüder Kardinäle, dieser Psalm bringt gut den brennenden Gesang der Liebe zur Kirche zum Ausdruck, den ihr gewiß im Herzen tragt. Ihr habt euer Leben dem Dienst an der Kirche geweiht. Und jetzt seid ihr berufen, in ihr eine Aufgabe von höherer Verantwortung zu übernehmen. Es mögen die Worte des Psalms in euch volle Zustimmung finden: »Erbittet für Jerusalem Frieden!« (Vers 6). Das Gebet für den Frieden und die Einheit soll eure erste und hauptsächliche Sendung sein, damit die Kirche »dicht gebaut und fest gefügt« (Vers 3) sei, Zeichen und Werkzeug für die Einheit der ganzen Menschheit (vgl. Lumen gentium, 1). Ich, vielmehr wir alle zusammen stellen diese eure Sendung unter den wachsamen Schutz der Mutter der Kirche, der allerseligsten Jungfrau Maria. Ihr, die auf dem Kalvarienberg mit dem Sohn verbunden und als Königin in Herrlichkeit zu seiner Rechten aufgenommen ist, vertrauen wir die neuen Purpurträger, das Kardinalskollegium und die ganze katholische Gemeinschaft an, die sich für die Aussaat des Reiches Christi, des Herrn des Lebens und Fürsten des Friedens, in den Furchen der Geschichte einsetzt.

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