Das jüngste Kind der Gemeinschaft Cenacolo – die Mission in Afrika
Am 15. August 2011 wurden die ersten Missionare unserer Gemeinschaft nach Liberia entsandt, um das erste Haus auf dem afrikanischen Kontinent zu eröffnen. Zu ihnen gehört auch Rainer aus Wien: Als ich erfuhr, dass ich einer der Burschen bin, die nach Afrika gehen sollen, um die neue Mission zu eröffnen, wurde mir ein wenig mulmig. Als ich jedoch die Fotos von den Menschen und Kindern dort sah, fühlte ich sofort, dass es das Richtige ist. Als ich nach Hause kam, um mich zu verabschieden, hatte ich die Möglichkeit, das mitzuteilen, was ich im Herzen trage: dass ich mich für einen Weg entschieden habe und zum ersten Mal in meinem Leben zu diesem stehe – eine Sache, die ich noch nie zuvor getan hatte. Auch wenn ich auf meine Vergangenheit schaue – auf all das Schlechte das ich in meinem Leben getan habe – so bin ich froh, dass ich heute die Möglichkeit habe, etwas Gutes zu tun – diesmal jedoch nicht mit Worten sondern mit Taten, und darüber bin ich sehr glücklich. Ich sehe, dass ich heute mit dem Glauben, dem Gebet und der Fähigkeit, etwas Gutes zu tun, ein neuer Mensch bin – ein Mensch, der andere Menschen lieben möchte.
Aus dem ersten Brief, den Rainer nach seiner Ankunft in Liberia geschrieben hat: Liebe Freunde, Es sind jetzt fast drei Wochen vergangen, seit wir in Liberia angekommen sind. Auf dem Weg zu Pater Adrian (ein Priester und guter Freund der Gemeinschaft, bei dem wir im ersten Monat gelebt haben) konnte ich zum ersten Mal die Armut sehen, die dieses Land prägt: Häuser aus Lehm mit Strohdächern oder alten, verrosteten Dächern, in denen Menschen auf dem Erdboden schlafen. Auch die Straßen sind voll mit kleinen, aber auch mit großen Löchern (Spuren des Krieges). Ich muss mich noch daran gewöhnen, dass ich das Licht nicht aufdrehen kann, wenn es dunkel wird, sondern erst wenn der Generator angeschaltet wird. Nicht zu vergessen das Wasser. Es ist nicht fließend. Wir haben eine 50-Liter Tonne im Bad, die wir täglich mit Wasser füllen. Oft denke ich daran, wie schön es ist, einfach nur den Wasserhahn zu öffnen… Am Sonntag haben wir den ersten „Pilgermarsch“ zu unserem neuen Zuhause unternommen. Bevor wir das Haus betreten haben, sind wir zum Heiligtum der „Schwarzen Madonna“ gegangen, das sich auf unserem Grundstück befindet. Gemeinsam haben wir ein Gebet gesprochen und dann kniete sich jeder einzelne von uns vor Maria nieder. Nach einem stillen Gebet haben wir den Boden geküsst als Zeichen der Liebe zu diesem Land und zu den Menschen, die hier leben. Es ist bewegend, dass Maria schon auf uns gewartet hat, um uns mit offenen Armen zu empfangen. Mich an die Gesichter der Kinder, Frauen und Männer zu erinnern, die ich an diesem Tag gesehen und begrüßt habe, gab mir immer wieder Kraft. Es war schön zu beobachten, dass durch unsere Gebete die Menschen, die wir Tag für Tag trafen, uns gegenüber immer offener wurden. Danke für eure Gebete und eure Freundschaft, Rainer und alle Missionare aus Liberia (September 2011)
Es vergeht kein Tag an dem nicht die Kinder vorbeikommen, welche in der Nähe unserer Mission leben, um unsere Jugendlichen zu treffen und dabei Freude verbreiten, wie nur Kinder es können. Sie sind unsere ersten Freunde, neugierig und glücklich über unsere Anwesenheit besuchen manche uns auch mehrmals am Tag. Als die Schwestern und Missionarinnen nach Weihnachten in Liberia eintrafen, waren sie verwundert über die vielen Arbeiten, die die Burschen bereits verrichtet haben: Inzwischen fließt das Wasser vom Brunnen in die Häuser, die Fenster sind mit neuen Fliegengittern bestückt, die Türen repariert; alles wurde neu gestrichen und geputzt. Zudem gibt es einen schönen Garten, der – wenn nichts dazwischen kommt – schon bald erste Früchte bringen wird … diese Arbeit zeigt, was dahinter steht – Liebe und viele Opfer. Am Nachmittag sind wir mit den Missionsschwestern zu Fuß (wie es unsere Missionare im ersten Monat jeden Morgen und Abend getan haben) zur Pfarrei von Pater Adrian gegangen, um mit Liedern ein Treffen von Kindern und Jugendlichen zu gestalten. Auf dem Weg durch die Dörfer begleiteten uns viele Menschen, die mit neugierigen Blicken die Schwestern begrüßten. So tauchten wir ein in die afrikanische Welt mitten unter die Kinder, die von überall her strömten. Wir besuchten auch unsere Nachbarn: vor allem die Frauen, Kinder und älteren Frauen waren offen für diese Begegnungen. Durch die gegenseitigen Umarmungen und einfache Zeichen der Freundschaft wurden so die ersten guten Beziehungen geknüpft – auch ohne die Sprache des Anderen zu beherrschen, kann man immerhin schon lächeln, grüßen und umarmen: Das ist die Sprache des Herzens. Pater Stefano (Januar 2012)
„Afrika ist ein wunderbares Land: die Natur, die Sonne, die erfrischenden Regenschauer, die staunenden Kinder... Aber um das Leben, die Kultur und die Art zu denken der Menschen hier zu verstehen, braucht man viel, sehr viel Zeit. Aber auch diese langsame Annäherung hat bereits die ersten Früchte getragen, besonders bei unseren Nachbarn, die uns häufig besuchen oder denen wir begegnen. Mit frohem Gesicht begrüßen sie uns oder sie lassen uns kleine Geschenke zukommen: eine Banane, eine Papaya, eine Kokosnuss – kleine Zeichen, die jedoch viel aussagen... Eine Ordensschwester vor Ort hat zu uns gesagt: „Glaubt nicht, dass ihr nichts tut – im Gegenteil: Ihr macht es richtig, euch langsam in diese Realität einzuleben, indem ihr mit den Kindern spielt und Zeit mit den Menschen verbringt. Dann werdet ihr sehen: Gott wird euch die Wege öffnen und euch zeigen, in welche Richtung es geht.“ Ja, es scheint wirklich so zu sein, dass der Herr auf den richtigen Moment wartet, um uns dann das „Startsignal“ zu geben. Inzwischen bereiten wir uns in jeder Hinsicht darauf vor... Mit der Zeit ist unser Haus zu einem Treffpunkt geworden: An einem Sonntag sind die katholischen Frauen aus der Pfarrei von P. Adrian gekommen und haben uns willkommen geheißen, indem sie uns die „Willkommensnuss“ überreicht haben (diese Nuss ist rosafarben, schmeckt bitter und man muss sie gut kauen; sie wird hier als Zeichen der Begrüßung verschenkt). Am darauffolgenden Samstag haben uns die Messdiener der Pfarrei besucht; sie haben mit uns gearbeitet, gebetet und gegessen; zum Schluss haben wir mit ihnen Fußball gespielt. Margareth, einem Mädchen der Gruppe, hat der Tag so gut gefallen, dass sie einige Tage darauf mit ihrem Schwesterchen gekommen ist, um uns bei der Arbeit zu helfen und Zeit mit uns zu verbringen. Wir danken euch für eure Gebete – in allem, was wir erleben, spüren wir, dass wir von der Einheit mit euch und von eurem Gebet getragen sind. In Freude und Dankbarkeit, eure liberianische Cenacolo-Familie (April 2012)
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