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Sonntag, 15. Juli

Sonntag, 15. Juli, Abschlussgottesdienst

Predigt des Bischofs von Saluzzo Mons. Giuseppe Guerrini

“Habt Vertrauen, ich habe die Welt besiegt“ ist das Motto des diesjährigen Festes des Lebens, und es ist auch das, was uns die Lesungen dieses heutigen Sonntags übermitteln möchten.
„Habt Vertrauen.“ Wir alle sind auf der Suche nach Glück, nach Licht, nach Leben, nach Freude, nach Liebe- doch wo können wir all dies finden? Manchmal haben wir den Eindruck, als sei alles nur eine unerreichbare Illusion, eine ferne Wirklichkeit, im Himmel oder über das Meer hinaus, und nicht in unserer Reichweite. Und so wird die Versuchung zur Verzweiflung, oder wie es noch häufiger der Fall ist, zur Selbstaufgabe und Sich-zufrieden-geben.
In unserer Welt sehen wir nicht selten, wie man das eigene Glück an der gebräunten Hautfarbe, an einem „aufregenden“ Abend, an einem schnellen Auto, an einer Wohnung am Meer festmacht. Genau zu dieser Welt spricht das Wort Gottes und sagt: Schau dich um und du wirst sehen, dass das wahre Glück viel näher liegt. Die Wahrheit, die Leben bedeutet, ist ganz in deiner Nähe, sie ist „in deinem Mund und in deinem Herzen“. Das wahre Glück liegt beim Herrn.
„Auf die Stimme des Herrn hören“ -  so heißt es im Buch des Deuteronomium. Sich zum Herrn „mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele“ bekennen. Der Heilige Paulus macht dies noch deutlicher: „Suchst du die Wahrheit, suchst du das Leben, suchst du die Freude?“ Jesus ist all dies, Christus ist all dies. Er ist das Spiegelbild des unsichtbaren Gottes. Er ist die Ikone, die es dir ermöglicht, etwas von Gott zu sehen und zu verstehen. In ihm wohnt jede Fülle, durch Ihn vereint Gott alles in sich. Er gibt dem Himmel und der Erde Frieden. So müssen wir zu Ihm schauen, und das heißt, etwas mehr davon abzulassen, nur uns zu sehen. Es bedeutet, unser Ego nicht so aufzublähen, denn sonst verstehen und sehen wir weder Gott noch unseren Nächsten. Genau hier liegt der Sinn des Gleichnisses des Evangeliums: Alle drei Hauptfiguren sehen den Mann, der am Boden liegt: der Priester sieht ihn, doch er geht vorüber. Der Levit sieht ihn, doch auch er geht weiter. Es reicht nicht aus, zu sehen, zu wissen. Der Samariter- aus der Sicht der Herkunft und des Glaubens ein „Außenseiter“, sieht ihn, und dann kommt ein zentrales, entscheidendes Wort hinzu: er „hatte Mitleid mit ihm“, es berührt, es bewegt ihn. Wörtlich bedeutet „er hat Mitleid mit ihm“ im Griechischen. „er wurde im Inneren berührt“; es hat ihn im Tiefsten seiner Seele bewegt.
Wir könnten sagen, dass er erschüttert, aufgewühlt war. Der Unterschied liegt hier: alle sehen, alle sind sich der Situation bewusst, doch allein der Samariter war erschüttert und somit bereit, sich auf diese Situation einzulassen.
Papst Benedikt XVI. hat in seinem Buch „Jesus von Nazaret“ dieses Gleichnis mit der folgenden Beobachtung kommentiert: Ihm zufolge müssen der Priester und der Levit nicht unbedingt kalte und unsensible Menschen gewesen sein. Vielleicht hatten sie Angst, vielleicht waren Räuber in der Nähe, vielleicht waren sie ungeschickt und wussten nicht, wo sie anfangen sollten, um Hilfe zu leisten. Es gibt viele Leute, die sehen, und das sogar sehr gut, mit Sorgfalt und Genauigkeit.
Wir leben in einer Welt, die genaue Diagnosen zu erstellen weiß, doch es ist eine Welt, die sich nicht bewegt, die sich nicht rührt. Deshalb sagte ich, dass dieses Wort den Unterschied macht, und es ist ein Wort, welches das Evangelium oft für Jesus verwendet. In der Episode des Sohnes der Witwe von Nain wird ebenso dieselbe Verbform verwendet. Vor den Leprakranken und den Blinden, die beharrlich zu ihm beten, wird gesagt: „zu Mitleid gerührt“. Zur Menge sagt er: „Ich fühle Mitleid mit ihnen, denn sie haben nichts zu essen“, und „als er die Menge sah, hatte er Mitleid, denn sie waren wie Schafe ohne Hirte“. Dort liegt der Unterschied, und alles andere ist eine Folge davon. Sich dem Nächsten annähern, seine Wunden verbinden, für ihn sorgen. Natürlich liegt darin auch der Aspekt der sozialen Solidarität und der Zivilcourage. Doch vor allem liegt darin der Herr Jesus- sein Beispiel, das Geschenk seines Geistes!
Die Gemeinschaft Cenacolo ist nicht etwa ein Werk des sozialen Dienstes; sie will sich nicht nur der Wunden und den Plagen der Gesellschaft annehmen. Sie gewinnt ihre Kraft und ihre Inspiration genau aus dem Abendmahl- aus diesem symbolischen Ort, an dem wir gemeinsam mit Jesus sind und teil an Seinem Leib und Seinem Blut haben. Wir empfangen das Geschenk des Heiligen Geistes, des Geistes Jesu. Das ist die Garantie!
„Habt Vertrauen, ich habe die Welt besiegt“, ich kann dem aufhelfen, der vom Leben gepeinigt wurde; ich kann Wunden heilen, die unheilbar scheinen; ich kann sogar die Toten zum Leben erwecken! Jesus sagt uns: „Habt Vertrauen.“ Mögen wir Vertrauen haben, denn in Ihm wohnt jede Fülle, Er vereint alles, denn in Ihm finden wir Harmonie und Frieden. Und so ist unser Weg vorgezeichnet, es ist der Weg mit Jesus: Er ist die Ikone, das Bild- in Ihm sehe ich den Vater, Er öffnet mir Horizonte, Er gibt mir Hoffnung. „Habt Vertrauen!“ Unser Gebet, beginnend in der Gemeinschaft Cenacolo, besteht darin, Jesus in Treue zu folgen, zu Ihm zu schauen, denn einzig und allein bei Ihm liegt die Erlösung, nicht etwa in unseren Diagnosen. Es reicht nicht aus, zu schauen, zu sehen – wir müssen wie Jesus gerührt sein; wir müssen- so wie er - die Last des Nächsten auf uns nehmen, uns sorgen. So öffnet sich wahrhaftig eine neue Welt. „Habt Vertrauen, ich habe die Welt besiegt.“ Diese Welt geht vorüber, diese Welt der Gewalt, der Trennung, der Selbstzerstörung ist besiegt. Wir warten auf neue Himmel und eine neue Erde.
„Habt Vertrauen, ich habe die Welt besiegt.“ Gelobt sei Jesus Christus.

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