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SONNTAG 19

BISCHOF GIUSEPPE GUERRINI  | 

KATECHESE von P. Pierino Ghi, Jesuit aus Cuneo
Ich möchte mit einer kleinen Geschichte beginnen: Als der liebe Gott die Welt erschuf, erschuf er auch die Vögel, aber er gab ihnen keine Farbe. Also sprach der Herr: „Ich will es ausbessern”, und er nahm eine Farbpalette – denn er ist auch Maler – und gab reichlich Farbe darauf; dann rief er einen Vogel nach dem anderen und begann, sie einzufärben. Am Ende kam ein ganz, ganz kleiner Vogel und der himmlische Vater sprach: „O, du Armer, ich habe keine Farbe mehr für dich übrig, du musst ohne Farbe wieder wegfliegen und bleibst grau.“
Und die Kinder des Vogels fragten ihn: „Papa, warum haben wir keine Farbe?“ Und er wurde traurig und wusste nichts zu antworten.” Eines Tages sah der kleine Vogel ein großes Menschengetümmel auf einem Berg; er sah Männer auf Pferden, die Schwerter trugen … und dann sah er einen gekreuzigten Mann. „O“, sagte er, „er ist voller Blut und zudem trägt er eine Krone aus Dornen, ich will hingehen, um wenigstens einen Dorn zu entfernen.” Er setzte sich auf einen Arm des Kreuzes und näherte sich der Dornenkrone und mit seinem Schnabel zog er einen Dorn heraus, bevor er schnell davonflog. Aber die anderen Vögel, seine Kinder, hatten gesehen, was er getan hatte und sie sagten zu ihm: „Du bist ja ganz rot, dein Hals und deine Brust sind ganz rot.” Und von da an hieß der kleine Vogel „Rotkehlchen.”
Als ich heute Morgen um sechs Uhr aufgewacht bin, habe ich zu mir gesagt: „Ich muss mich reisefertig machen; dann habe ich etwas Herzklopfen bekommen und habe mich gefragt: „Über was soll ich zu ihnen sprechen?”, denn das Thema ist: „Barmherzigkeit und Wahrheit begegnen sich, Gerechtigkeit und Friede küssen sich.“ Und das zusammenzubringen ist nicht einfach! Und dann ist Kardinal Schönborn hier gewesen; was kann ich noch hinzufügen zu dem, was er gesagt hat? Also habe ich vor einigen Tagen ein anderes Thema ausgewählt: „Der ‚Herzensbund‘ zwischen Jesus und Maria.” Wer weiß warum mir ausgerechnet dieses Thema eingefallen ist; heute Morgen habe ich gedacht: „Ich bin wirklich verrückt, was werde ich ihnen sagen…“ Dann bin ich hier hergekommen und habe die Muttergottesstatue von Fatima gesehen. Ich wollte ausgerechnet mit der Muttergottes von Fatima beginnen, und jetzt erwartet sie mich hier! Also, ich wollte euch sagen, wie der Engel die Kinder von Fatima – Francisco, Jacinta und Lucia – vorbereitet hat: Der Engel hat die Hirtenkinder ein Gebet gelehrt: „O mein Gott, ich glaube an dich, ich hoffe auf dich, ich liebe dich. Ich bete dich an. Ich bitte dich um Verzeihung für jene, die nicht an dich glauben, dich nicht anbeten, nicht auf dich hoffen und dich nicht lieben.“ Weiter hat er zu ihnen gesagt: „Betet so; die Herzen Jesu und Mariens hören auf eure Bitten.“ Bei der zweien Erscheinung spielten die Hirtenkinder gerade am Rand eines Brunnens bei ihrem Haus, und der Engel sagte zu ihnen: „Was tut ihr? Betet viel: Die heiligsten Herzen Jesu und Mariens geben euch ein Zeichen der Barmherzigkeit.“ Seht ihr, dass das Thema aufscheint? Barmherzigkeit und Wahrheit begegnen sich. Der Herr hat für jeden von uns einen Plan der Barmherzigkeit und der Wahrheit. Bei der dritten Erscheinung hat der Engel die Hirtenkinder das Gebet zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit gelehrt: „Heiligste Dreifaltigkeit, Vater Sohn und Heiliger Geist, ich bete dich in tiefster Ehrfurcht an und opfere dir auf den kostbarsten Leib, das Blut, die Seele und die Gottheit Jesu Christi, der in allen Tabernakeln der Erde gegenwärtig ist. Durch die unendlichen Verdienste seines Heiligsten Herzens und des Unbefleckten Herzens Mariens bitte ich dich um die Bekehrung der armen Sünder.” Wie ihr seht, werden vom Engel dreimal das Herz Jesu und das Herz Mariens erwähnt, denn allein durch das Herz Jesu und das Herz Mariens ist es möglich, die Lüge und die Ungerechtigkeit aus uns auszumerzen und unsere Herzen mit Barmherzigkeit zu erfüllen, um den Frieden weiterzugeben. Ich denke, dass der Herr euch alle zu diesem Weg der inneren Klarheit beruft. Halten wir inne vor dem Herzen Mariens, weil die himmlische Vorsehung dieses Herz hierher geführt hat: Glaubt mir, dass die Gegenwart Mariens an diesem Ort prophetisch ist; ich glaube dass sie eine Botschaft für jeden einzelnen von uns hat. Vor etwa 25 Jahren bin ich mit einem Freund, seiner Frau und einer weiteren Bekannten mit dem Auto nach Fatima gefahren. Gegen fünf Uhr am Nachmittag kamen wir dort an. Eine Stunde später war die Heilige Messe – und seht wie die Gottesmutter prophetisch ist: Sie hat es so gefügt, dass ich den Kranken in den Rollstühlen die Kommunion gereicht habe; das war der Anfang meines Apostolates für die Kranken. Maria hat für euch alle ein Wort, glaubt es mir! Ich bin froh, dass ihr vorhin den Rosenkranz gebetet habt; ich danke euch für die aufmerksame Stille, denn darin müssen wir den Herzschlag dieses mütterlichen Herzens hören, das ganz rein ist, wenngleich es auch von Dornen umgeben ist.
Wir nähern uns jetzt dem wunderbaren Thema des Herzensbundes zwischen Jesus und Maria. Das Konzept dieses Bundes kommt aus der Heiligen Schrift. Das Zweite Vatikanische Konzil hält fest: „Maria ist eingefügt im Geheimnis Christi und der Kirche.” Ich erinnere mich: Als ich sieben oder acht Jahre alt war, gab es einen Streit zwischen meinen Eltern – keine große Sache, aber weil ich sehr sensibel war, bin ich weggelaufen und zu einem Bildstock der Gottesmutter gegangen; dort habe ich ihr mein Herz ausgeschüttet und geweint: Das ist die Aufgabe Mariens! Wenn ich eines Tages ins Paradies eingehen werde, dann werde ich den heiligen Petrus bitten: „Tu mir einen Gefallen und lass mich zur Mutter Gottes gehen; dann werde ich hinaufgehen, mich zu ihren Füßen hinknien und ihr sagen: „Danke, danke für alles”, denn wenn ich hier bei euch sein kann, ist es ihr Geschenk. Es ist Geschenk Gottes, aber sie, die Mutter, hat sich für jeden von uns eingesetzt.
In der Bibel, besonders in den Büchern der Propheten, ist die Ehe das Symbol, das den Bund Gottes mit seinem Volk am besten ausdrückt. Schaut, so ist der Bund: Gott ist der Bräutigam und die Tochter Zion – mit diesem Namen wird Maria bezeichnet – ist die Braut. Im Neuen Testament ist Jesus der Bräutigam und die Kirche die Braut, denn es besteht diese innerste Beziehung zwischen Gott und jedem einzelnen von uns. Wenn ich in das Gesicht von irgendeinem von euch schaue, dann muss ich es einfach sagen: Ich habe die Gegenwart Gottes gesehen, ich habe Gott in euch gesehen, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Ob du verheiratet bist oder nicht, spielt dabei keine Rolle, ihr seid alle verheiratet mit Gott, weil es ist eine wirkliche Ehe ist, darin besteht unsere Würde. Jetzt wollen wir diesen wunderschönen Abschnitt aus dem Buch Ezechiel hören, wo wir das Thema der wahren Ehe, des Bundes zwischen Gott und Menschheit finden: „Ich gieße reines Wasser über euch aus, ich reinige euch von aller Unreinheit.” Auch wenn du in den tiefsten Schlamm hineingeraten sein solltest, dort ist Gott; er hat keine Angst gehabt, sich die Hände dreckig zu machen, er zieht dich heraus. Wir alle waren in diesem „Sumpf”, keiner ist unschuldig, aber Gott, die unendliche Barmherzigkeit, hat uns die Würde der Kinder Gottes verliehen.
In diesem Jahr hat Papst Benedikt ein Priesterjahr ausgerufen: Wenn ihr wüsstet, wie wichtig diese Jahr ist – denn: einen Priester zu retten bedeutet, ein Volk zu retten. Mutter Elvira, wie viele Gnaden hat Gott dir geschenkt, in den Jugendlichen, Jungen und Mädchen, besonders aber in den Priestern! Ich möchte jetzt denjenigen, die den Ruf Gottes hören, laut zurufen: Sagt nicht nein! Es ist wahr, dass „zum Priestertum aufsteigen” bedeutet zum Kalvarienberg aufzusteigen. Und ein Priester der nicht mit Jesus am Kreuz stirbt, ist kein wahrer Priester; aber derjenige von euch, der nach dem Priestertum strebt, soll sich nicht erschrecken, denn der Herr ist ein vollkommener Künstler, der vorsichtig Stückchen für Stückchen aus dem Stein herausarbeitet; so wie Michelangelo das Meisterwerk der Pieta geschaffen hat, so wird der Herr euch zu Heiligen machen: „Ich gebe euch ein neues Herz und nehme das Herz von Stein aus eurer Brust. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr auf meinen Wegen geht; ihr werdet mein Volk sein.” Es gibt ein großes Geheimnis, um zu dieser inneren Reinigung zu gelangen; es ist ein unfehlbares Geheimnis: Es ist das Unbefleckte Herz Mariens. Es gibt ein weiteres Geheimnis, das in Kürze hier auf dem Altar gegenwärtig werden wird: mein Herr Jesus. In der Oktav des Herz-Jesu-Festes ist die Gottesmutter der heiligen Gemma Galgani erschienen, sie hat sie wie eine Mutter in die Arme genommen und sie gefragt: „Hast du mich gern?”, „Ja, ich habe dich gern, das weißt du!” „Hast du mich lieber als alle anderen?”, „Es gibt noch jemanden, den ich noch lieber habe als Dich.” „Und wer ist das?” „O, das weißt du nicht. Seine Haare sind wie die Deinen, sein Gesicht ist wie das Deine, sein Lächeln ist wie das Deine: Es ist Jesus!” Und die Gottesmutter erwiderte: „Liebe ihn, liebe ihn sehr!” Wieviel Heiligkeit findet sich in der Welt: Familienmütter, einfache und unbekannte Leute… Eine Frau, die ein gelähmtes Kind hat, das zudem noch blind und stumm ist, sagte zu mir: „Dieses Kind ist mein großer Schatz!“ Das ist die Heiligkeit! Die Heiligkeit besteht nicht darin, Wunder zu vollbringen, sondern darin zu lieben. Ihr seht also, dass der Herr sehr behutsam ist und uns in kleinen Schritten auf dem Weg der Heiligkeit voranführt; darum ist es eine große Versuchung, wenn jemand sagt: „Ich bin immer derselbe!“ – Das ist einfach nicht wahr! Das Gute, das du gestern getan hast, bleibt, und in kleinen Schritten ersteigst du langsam den Berg der Heiligkeit, der Heilige Geist verwandelt dich langsam, Tag für Tag.
Lasst mich noch ein Wort zu den Älteren sagen, die hier versammelt sind: Der Herr macht uns einem Khaki-Baum ähnlich. Nach und nach entfernt man alle Blätter und es bleiben nur die vollen, reifen Früchte übrig. Wenn man alt wird, nimmt der Herr auch uns Stück für Stück weg: Zunächst beginnst du, am Stock zu gehen, dann brauchst du eine Dreiviertelstunde zum Aufstehen, dann kannst du nicht mehr allein umhergehen, dann muss man dir besonderes Essen geben, weil du nicht mehr alles verträgst… Es ist leider nur allzu wahr, dass die Alten in der Gesellschaft am meisten vernachlässigt werden. Man sagt, dass die Alten eine dünne Haut haben, und ich glaube das. Deshalb bitte ich euch: Behandelt sie gut und helft ihnen, so dass sie heiter und in Frieden sterben können. Mir hat sehr gefallen, was Mutter Teresa getan hat: Einmal ist sie in eine elende Hütte gekommen, in der ein alter Mann ganz allein im Dreck hauste. Und Mutter Teresa sagte zu ihm: „Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich hier etwas Ordnung mache?“ „Nein, nein, machen Sie ruhig; ich bin immer allein.” Dann hat sie eine alte, verrostete Lampe gefunden und den Mann gefragt: „Es ist sicher schon lange her, dass Sie diese Lampe angezündet haben?“ „Sehr lange, seitdem niemand zu Besuch kommt.” „Wenn Sie möchte, zünde ich sie für Sie an.“ „Machen Sie nur.“ „Wenn Sie möchten, komme ich Sie morgen wieder besuchen.“ „Kommen Sie nur.“ So hat sie nach und nach Tag für Tag ihre Schwestern dorthin geschickt und dieser Mann ist glücklich gestorben. Wenn ihr von diesem Treffen die Liebe zu den Kranken, zu den Alten und zu den Kindern mit nach Hause nehmt, dann versichere ich euch, dass ihr „den besseren Teil“ erwählt habt. „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.”

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