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Schwester Elvira erzählt uns, wie sie als von Gott auserwähltes Werkzeug die Gemeinschaft Cenacolo ins Leben gerufen und wie sich diese in all den Jahren entwickelt hat.

Schwester Elvira: 70 Lebensjahre, 50 davon sind dem Dienst Gottes und der Menschheit geweiht. Wenn Du auf dein Leben zurückblickst, was möchtest Du uns dann sagen?

In erster Linie möchte ich ein großes Dankeschön an denjenigen richten, der mein Leben gewollt hat. Ich glaube, dass Gottes Wille bereits in dem Augenblick zugegen war, als meine Eltern mich gezeugt haben, um etwas Schönes, Großartiges und Fruchtbares für die anderen zu werden. Ich bin glücklich über mein Leben, das ich meinen Mitmenschen widme und betrachte diese Lebensweise vor allem als eine Bereicherung für mich selbst. Bereits als Kind haben mich gewisse Opfer und Verzichte gelehrt, mein Leben zu geben, zu dienen, zu lächeln und Schwierigkeiten zu überwinden, ohne „ein mürrisches Gesicht zu machen“. Ich bin froh, dass ich heute noch in der „Schule des Dienens“ lernen darf.

 

Wenn Du an deine familiäre Situation als Kind denkst, was möchtest Du uns aus deinem Leben erzählen?

Wenn ich auf meine Kindheit und auf die Geschehnisse zurückschaue, kann ich heute sagen, dass es eine schöne Vergangenheit war, eben weil sie mit vielen Schattenseiten versehen war. Ich schaute schon manchmal auf die Familien und die Kinder, die anders als ich lebten, in einer Wirklichkeit, die mir friedvoller und besser erschien. Doch dann ist mir bewusst geworden, dass der wahre Wohlstand und Friede eine Dimension des Herzens ist. Man erlebt sie, wenn man gütig und großzügig ist. Ich erinnere mich an einen Satz, den mir meine Mutter immer wiederholte, wenn ich mit meinen gleichaltrigen Freundinnen zusammen war, die in mehr Wohlstand lebten als wir. Wenn wir etwas Brot daheim hatten, und in Kriegszeiten war es nicht leicht, etwas Brot zu bekommen, oder wenn es Kirschen gab, sagte mir meine Mutter: „Denke daran, dass alle Münder deine Geschwister sind! Und du kannst nicht etwas in den Mund nehmen, ohne auch den anderen etwas davon abzugeben.“ Auch wenn wir in Armut lebten, so brachte sie uns stets Gesten der Nächstenliebe bei. Wenn wir lernen, unseren Mitmenschen zu geben, dann werden wir zu einer universalen Familie, die fähig ist, gemeinsam das „Vater Unser“ zu beten.

 

Du warst eine „ehrbare“ Schwester und in Deinem Orden ging es Dir gut. Wie ist die Idee entstanden, die Gemeinschaft ins Leben zu rufen?

Sicherlich war es nicht meine Idee und das möchte ich immer wieder deutlich machen. Alles, was passiert, die Ereignisse, die unser Leben gestalten, können nicht aus einer Idee oder aus der Intuition eines armen menschlichen Geschöpfes entstehen. Ich bin die Erste, die immer wieder über alles staunt, was in dieser Gemeinschaft, einem Werk Gottes, durch den Heiligen Geist und die Jungfrau Maria passiert. Wie hätte ich mir jemals solch ein Werk erdenken können? Mein Herz schlug für die jungen Menschen, die ihre Orientierung verloren hatten. Für mich waren sie ohne „Hirten“, ohne Bezugspunkte, ständig auf der Suche oder auf der Flucht. Sie lebten im Wohlstand, die Taschen voller Geld, ein Auto und Bildung, mit allen erdenklichen materiellen Dingen umgeben und doch traurig und tot in ihren Herzen. Ich durchlebte eine Zeit des inneren Leidens, welche auch für mich eine neue Erfahrung war, während ich auf das Kommen des Heiligen Geistes wartete, der mich neu gestaltete.

Es sind noch viele Jahre vergangen, bevor du tatsächlich beginnen konntest. War die Zeit des Wartens für eine mutige und aktive Frau wie Dich schwer?

 
Es war nicht schwer, sondern vor allem mit viel Leiden verbunden, da es mir schien, als würde wertvolle Zeit verloren gehen. Aber in Wirklichkeit war es die Zeit Gottes und ich musste auf den richtigen Augenblick warten, um die jungen Menschen aufzunehmen, zu beschützen, sie zu bilden und zu lieben. Mein Warten war vor allem von Vertrauen und Hoffnung gekennzeichnet. Es gab auch einige, die mir sagten: „Elvira, warum trittst du nicht einfach aus dem Orden aus, dann kannst du tun und lassen, was du willst!“ Doch ich hatte nicht die Absicht, das zu tun, was ich wollte. Im Gegenteil, was ich in mir fühlte, war etwas ganz anderes. Aus diesem Grund habe ich abgewartet, gebetet, gelitten und geliebt. Meine Oberschwestern hatten recht behalten, wenn sie mir sagten, dass ich nicht genügend darauf vorbereitet war, mitten unter diesen Jugendlichen zu leben. Es fehlte nicht an Versuchungen, in denen ich dachte: „Wie kommt es, dass sie kein Vertrauen haben?“ Doch dann habe ich mir gesagt: „Warum sollten sie mir auch vertrauen - mir, einem armen Geschöpf, das gerne fliegen möchte...“. Jetzt, mit 70 Jahren, denke ich natürlich anders und verstehe, dass all dies ein Segen für mich war. Es waren die Wehen für die Geburt dieses Werkes. Heute fühle ich mich sehr mit meinen damaligen Mitschwestern verbunden und wir sind Freunde geblieben. Viele Schwestern freuen sich gemeinsam mit mir, eben weil sie mich kennen und verstehen, dass all das von Gott kommt. So zum Beispiel beherbergen die Schwestern der “Santa Giovanna Antida Thouret“ in ihrem Kloster eine Gemeinschaft des Cenacolo, genau an dem Ort, an dem ich als Novizin eingetreten bin. Ich bin ihnen für ihre Freundschaft, ihre Liebe und ihre Großzügigkeit, die sie uns immer wieder entgegenbringen, sehr dankbar.


 

Als du das erste Mal am 16. Juli 1983 an die Tore des Hauses in Saluzzo gekommen bist, was hast du in jenem Augenblick gedacht?

Ich habe an gar nichts gedacht, damals dachte ich rein gar nichts. Ich erinnere mich nicht daran, jemals irgendetwas geplant zu haben, weder im Kopf noch auf dem Papier und schon gar nicht in Eile. Als ich das Tor gesehen habe, habe ich voller Freude aufgeatmet und in meinem Inneren gejubelt. In mir ist ganz plötzlich ein neues Leben aufgebrochen. Es war die Freude zwischen dem langen Warten und dem Augenblick, an dem sich der Wunsch endlich erfüllte. Meinen Begleitern standen die Haare zu Berge, als sie das verwahrloste und verlassene Haus sahen, doch ich stellte es mir bereits renoviert vor. Einen Ort, der viele junge Menschen beherbergt und an dem das Leben und die Freude pulsiert, genauso wie es heute ist.

Warum hast du den Namen „Gemeinschaft Cenacolo“ gewählt?

Für einige Zeit hat ein Priester mit uns gelebt und von ihm ging die Idee zu diesem Namen aus. Ich nahm alle Ratschläge gerne an und tat am Ende das, was der Herr wollte. Ich habe sofort an die Kirche und an die Apostel gedacht, die gemeinsam mit Maria nach dem Tod Jesu’ angsterfüllt und eingeschlossen waren. Für mich war das eine Art Prophezeiung, denn auch die Jungen und Mädchen, die zu uns kommen, tragen viele Ängste in sich, sind verschlossen und von Einsamkeit und Unruhe in ihrem Herzen geplagt. Im Cenacolo kommt dann mit Maria der Heilige Geist zu ihnen und die Apostel verwandeln sich zu mutigen Zeugen. Deshalb finde ich den Namen „Cenacolo“ am passendsten, da er am besten das widerspiegelt, was wir sein wollen.

 

Du hast bei Null angefangen, ohne Geld, ohne menschliche Sicherheiten, aber mit einem großen Vertrauen in die Vorsehung. Warum hast du diese Wahl getroffen und was ist die Vorsehung?

Sie ist das Herz Gottes, das an die Herzen der Menschen, der gesamten Menschheit, klopft. Wir hatten und haben Vertrauen, da uns der Glaube immer hilft, keine Angst zu haben. Wir bauen auf die Hoffnung, das Vertrauen und die Geduld und suchen unsere Sicherheit in jenem Gott, den ich in meinem Herzen trage. Er garantiert mir weitaus mehr als jede menschliche Sicherheit. Diesen Gott habe ich entdeckt, als ich noch ein Kind war. Zu jener Zeit habe ich gelernt, Vertrauen zu haben, besonders als die bloße Armut an uns nagte und wir sehr viel entbehren mussten. Meine Mutter wiederholte oft folgendes Gebet: „Heiliges Kreuz Gottes, verlasse uns nicht!“ Niemand leidet gerne, doch damals wurde mir bewusst, wie wichtig es im Leben ist, das Kreuz zu umarmen. Denn das Kreuz ist unsere Mutter, die wir lieben müssen, um alles andere gut leben zu können. Mir war es auch wichtig, dass die jungen Menschen nicht nur von Gott hören, sondern seine persönliche Vaterschaft spüren. Ich habe zum Herrn gesagt: „Ich nehme sie auf, aber zeige Du ihnen, was Du für ein Vater bist!“ Er hat uns noch nie enttäuscht!

 

Welche Erinnerungen hast du an die Anfangszeiten?

Ich habe mit Nives begonnen, die ich kennen gelernt hatte, als sie noch Lehrerin arbeitete, und mit Aurelia, die in meinem Orden war. Sie standen mir sehr nahe und gemeinsam haben wir auch viele Fehler gemacht. Wie uns bereits die anderen vorgewarnt hatten, wussten wir nichts von jungen Menschen und schon gar nichts von Drogenabhängigen und Alkoholikern. Damals wusste ich, dass alle anderen Gemeinschaften ihnen täglich zehn Zigaretten genehmigten, also taten auch wir das. Dann hat jemand gesagt: „Es sind doch alles Männer, sie müssen ab und zu ein Glas Wein trinken.“ So haben wir ihnen auch das gewährt. Doch all dies mündete in Unordnung und Auseinandersetzungen und wir waren ratlos. Dann habe ich jedoch gespürt, dass ich die Verantwortung, die mir der Herr für diese jungen Menschen anvertraut hatte, mit Wahrheit und Stärke leben musste. Ich erinnere mich an einen besonderen Augenblick im Jahre 1986. Dank der Großzügigkeit einiger Freunde konnte ich zum ersten Mal mit ein paar Jungen nach Medjugorje fahren. An diesem Ort habe ich gefühlt, dass ich stärker und anspruchsvoller sein musste. Als wir wieder in Saluzzo waren, habe ich mich eines Abends in der Kapelle vor die jungen Männer gekniet und gesagt: „Ich habe euch betrogen, weil ich kein Vertrauen zu euch hatte. Ihr seid hierher gekommen, um Hilfe zu bekommen und ein Leben in Wahrheit und frei von allen Drogen zu führen. Doch aus Angst, dass ihr wieder gehen würdet, habe ich euch die Zigaretten gelassen. Ab heute wird nicht mehr geraucht!“ Dann habe ich einen Jungen zu mir gerufen, der alle Zigaretten einsammeln sollte. Ich war verwundert und gleichzeitig erfreut, als ich sah, dass jeder einzelne die Hände in die Taschen steckte und alle ihre Zigaretten wegwarfen. Wir haben ein schönes Feuer gemacht, gesungen und gebetet. Von dem Zeitpunkt an haben wir uns von dieser Abhängigkeit befreit.

 

Hättest du damit gerechnet, dass sich dieses Werk seit seiner Entstehung so entwickeln würde?

 

Selbst heute kann ich es nicht glauben, das Ganze ist einfach größer als ich selbst. Ich dachte daran, ein Haus zu eröffnen, und wenn einer gegangen wäre, dann hätten wir den Nächsten aufgenommen. Doch als das Mutterhaus voll war und wir schon auf Matratzen auf dem Fußboden schliefen, konnte ich sie nicht mehr wegschicken, denn sie fragten nach Leben, nicht nach Essen und Schlafen, sondern nach Leben! Also haben wir ein zweites Haus gefunden, dann ein drittes...ich zähle sie schon gar nicht mehr.

 

Wie hast Du es geschafft, die Jugendlichen „von der Strasse“ davon zu überzeugen, zu beten? Warum wolltest Du ihnen den Glauben näher bringen?

Ich habe es ihnen nicht mit Worten vermittelt, sondern in der Praxis, indem ich ihnen das Gebet vorlebte. Als die ersten jungen Männer zu uns kamen, hatten wir noch nicht einmal eine Kapelle. Schwester Aurelia, Nives und ich beteten den Rosenkranz und das Stundengebet täglich. Es war eine große Überraschung, als sich eines Morgens ein Junge zu mir setzte, anstatt arbeiten zu gehen, und mich fragte, was wir da machen. „Wir beten!“ entgegnete ich. Er ist bei uns geblieben und hat mit uns einen Psalm gebetet und selbst eine Zeile gelesen, dann noch eine, und noch eine...

Wir hatten nicht daran gedacht, doch in jenem Augenblick habe ich verstanden, dass die jungen Menschen Gott begegnen wollen, dass sie Hunger und Durst nach ihm verspüren. Daher wurden das Gebet und der Glaube zum wesentlichen Bestandteil unseres Weges.

Wenn sie in die Gemeinschaft eintreten, sagen viele von ihnen zu mir: „Ich bin nicht gläubig, ich glaube nicht an Jesus, bei mir zu Hause streiten wir ununterbrochen und ich will nicht beten!“ Und ich antworte ihnen: „Du bist hierher gekommen, um dich nicht nur von den Drogen zu befreien, sondern auch von deinen Ängsten und deiner ganzen Vergangenheit. Also knie dich hin, ich und wir alle glauben an dich. Unseren Glauben leben wir auch für dich. Versuche, Vertrauen zu haben, versuche es und das weitere wirst du selbst sehen.“

 

Warum war es Dir so wichtig, auch die Familien der Jugendlichen von Anfang an mit einzubeziehen? Was verlangst Du von ihnen?

 

Das ist sehr wichtig. Ich verlange wirklich viel von ihnen, denn ich verlange ihre Bekehrung! Die meisten Eltern würden es wahrscheinlich vorziehen, Geld zu bezahlen, vor allem dann, wenn sie wirklich verzweifelt sind. Es wurde uns Geld angeboten, doch wir haben immer geantwortet: „Das Leben der Kinder kann man nicht mit Geld bezahlen. Geld hatten sie alle genug und das hat sie ruiniert. Wir hingegen möchten eine Zusammenarbeit, die euer Leben mit einbezieht, eure Entscheidungen und eure täglichen Schritte beeinflusst. Wir möchten mit euch einen Weg des Glaubens gehen. Wenn die Wahrheit in euren Familien einzieht, werdet auch ihr verstehen, wo eure Fehler lagen, dass die ganze Familie irgendwie gescheitert ist. Euer Kind kann sich nur dann retten, wenn auch ihr euer Leben ändert.“

 

Was fühlst Du, wenn Du heute viele junge Menschen aus verschiedenen Ländern siehst, die selbst zu Missionaren werden und sich um andere Jugendliche und Kinder kümmern?

 

Ich kann darüber nur staunen, denn all dies kam nicht von mir selbst. Ich habe nur einen Wunsch, dass Gott auch weiterhin heilige und reine Berufungen in den jungen Menschen von heute erweckt. Die Mission ist zum Beispiel im Herzen eines Jungen entstanden, der in der Gemeinschaft verletzt angekommen ist und von der Welt der Erwachsenen zutiefst enttäuscht war. Nachdem er der Barmherzigkeit Gottes begegnet war und seinem Vater verziehen hatte, verspürte er immer stärker die Notwendigkeit, etwas für die Kinder zu tun, die in der Welt aufgrund des Egoismus der Erwachsenen leiden müssen. Und so sind unsere Missionshäuser für Straßenkinder entstanden! Natürlich weiß ich, dass ich meine Pflichten erfüllen und das „Herz“ und die Stimme sein muss, welche das Gewissen der Jungen und Mädchen wachrüttelt. Doch es gibt nichts, womit ich prahlen könnte, denn nichts ist aus Pflichtgefühl entstanden oder gar erzwungen worden. Es hat sich alles Tag für Tag und Schritt für Schritt entwickelt, gleich einem friedlichen Fluss, der sich langsam seinen Weg bahnt.

Die letzte Überraschung des Heiligen Geistes war die „Geburt“ der gottgeweihten Brüder und Schwestern: Junge Menschen, die ihr Leben dem Herrn schenken und weiterhin nach dem Charisma der Gemeinschaft Cenacolo leben möchten. Was empfindest Du dabei?

 

In meinem Herzen hat dies am Anfang kein großes Staunen ausgelöst. Ich nahm an, dass alles, was aus der Gemeinschaft hätte entstehen können, bereits existierte: Jungen und Mädchen, Paare, Familien, Kinder... es fehlten nur noch die alten Menschen, die niemanden mehr haben. Als einige Jungen und Mädchen mit dem Wunsch zu mir kamen, sich in der Gemeinschaft Gott zu weihen, habe ich etwas gezögert und gedacht: „Wie soll das geschehen?“ Heute bin ich dankbar dafür. Diese Brüder und Schwestern sind die „Säulen“, welche die gesamte Gemeinschaft stützen. Sie sind das Herz des Cenacolo. Damals habe ich nicht gejubelt, doch das tue ich heute. Ich hatte mich schon so sehr in das vielfältige und begeisternde Leben „gestürzt“, welches mir der Herr bis dahin gegeben hatte. Dann kamen sie plötzlich zu mir und wollten einen Schritt weitergehen. Sie verlangten diesen Schritt von mir, weil sie vom Herrn gesandt wurden. Diese Jungen und Mädchen sind fähig zu leiden, ihr Leben zu geben, ohne sich zu beklagen, Freude, Liebe und Hingabe zu vermitteln. Sie sind ein großer Reichtum!

 

Was bedeutet für Dich „Glaube“? Wer ist Jesus für Dich?

Glauben heißt, den toten und auferstandenen Jesus zu bezeugen. Mein Glaube ist absolut. Ich kann nichts für mich behalten, was nicht aus dem Glauben entspringt. Ich kann nicht handeln, wenn dieses Handeln nicht vom Glauben gestützt wird. Ich kann nicht ohne den Glauben leben. Die Vorsehung, die uns nie verlassen hat und uns jeden Tag aufs Neue in Staunen versetzt und uns überall auf der Welt erreicht, ist ein Zeichen des Glaubens. Ich danke dafür, dass der Glaube zu Fleisch und Blut geworden ist und dass er sich auch durch Tränen und in Situationen zeigt, in denen Gott mich von meiner Angst befreit. Glaube ist Leben.

 

Der Heilige Vater Benedikt XVI. hat Dich als Gasthörerin zur Sinode über die Eucharistie im Oktober 2005 eingeladen; Zeichen dafür, dass die Eucharistie das Herz der Gemeinschaft Cenacolo bildet. Was ist für Dich die Eucharistie, und warum schlägst Du sie den jungen Menschen vor?

Die Eucharistie ist Nahrung. Sie sättigt den Körper mehr als jede Mahlzeit. Ich habe sie vorgeschlagen, weil sie mich zuerst verändert hat. Alles, was ich  von den Jugendlichen verlange, habe ich am eigenen Leib erfahren, erst im Leid, dann in der Freude. Schließlich sehe und erlebe ich eine ständige Verwandlung. Heute nennen sie es die „tägliche Auferstehung“, die in ihren Herzen geschieht. Die Eucharistie ist Versöhnung, Begegnung, Staunen, Schönheit, Kraft, Risiko... Sie gibt dir alles, was du täglich zum Leben brauchst und lehrt dich viele Dinge.

 

Was erwartest Du von Deinen „Mitarbeitern“, von denen, die Gott berufen hat, um ihm in diesem Werk zu dienen?

Ich verlange alles: Die Intelligenz, den Willen, die Arme, die Augen... denn ich bin sicher, dass, das Geschenk Gottes verfälscht, herabgewürdigt und verarmt wird, wenn wir etwas für uns behalten. Wenn du deine Talente nicht einsetzt, verkümmern sie in dir und werden zu Unbehagen, Traurigkeit, Angst, Forderungen, Egoismus, Anmaßung, Ehrgeiz, Macht ...

Aus diesem Grund bauen wir auf den Glauben und setzen auf das Vertrauen. Wenn es an etwas fehlt, dann müssen wir warten. Die Geduld ist bereits Gebet, die Liebe ist Gebet und die Zeiten Gottes abzuwarten, ist auch Gebet. Wir bemühen uns, alles im Glauben zu leben, denn selbst wenn wir im Dunkeln sind, wissen wir, dass es das Licht gibt.

 

Pläne für die nahe Zukunft?

Die habe ich noch nie gemacht. Es ist mir jedoch wichtig, die Türen des Herzens und der Liebe der ganzen Menschheit zu öffnen, um all diejenigen aufzunehmen, die noch verloren und einsam sind. Ich weiß, dass viele Dinge, die ich sage, einfach klingen, aber in Wirklichkeit nur durch ein Wunder Gottes möglich sind. Ich kenne meine menschlichen Grenzen und meine Schwachpunkte sehr gut, nämlich bedingungslos zu lieben und zu geben. Doch gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass es vor mir bereits viele andere Männer und Frauen gab, die sich in totaler Hingabe in den Bann der Liebe Christi ziehen ließen. Ich möchte eine von ihnen sein, in meiner Einfachheit und mit all meinen Schwächen.

Ich fühle mich bevorzugt, denn es ist ein großes Geschenk, heutzutage die Liebe leben zu können und eine Familie zu haben, mit der ich den Reichtum des Lebens teilen kann. Mein einziger Plan ist es, voranzugehen und gemeinsam mit Maria in Liebe und im Vertrauen dem Heiligen Geist zu folgen, wohin er möchte.

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